Salvador Dalís Geburtshaus – eine eindruckvolle Show über den Anfang, den weiteren Lebensweg und das Schaffen des surrealistischen Genies

Figueres hat eine weitere Attraktion, die dem berühmten Sohn der Stadt gewidmet ist. Nach langen Bemühungen und Vorbereitungen wurde das Geburtshaus Dalís  im Oktober 2023 für das Publikum geöffnet. Hier in diesem Haus in der Carrer Narcís Monturiol Nr. 6 (heute Nr. 20) lebte die Familie Dalí Doménech von 1900 bis 1912. Im Erdgeschoss befand sich das Notariatsbüro des Vaters Salvador Dalí Cusí und im ersten Stockwerk lagen die Wohnräume.  In diesem Haus wurde Salvador Dalí i Domenéch am 11. Mai 1904 geboren und verbrachte die ersten acht Jahre seines Lebens. 1912 zog die Familie einige Häuser weiter in das Haus Nr. 10 (heute 24) und bewohnte dort das zweite Stockwerk.

 

 

Wer das Theatre-Museo Dalí in Figueres besichtigt, erlebt ein von Dalí selbst geschaffenes Gesamtkunstwerk und sieht viele Installationen und Bilder des Künstlers. Vielleicht weiß der Besucher aber nur wenig über seinen Lebensgang und seine künstlerische Eintwicklung. Im Geburtshaus kann er dies nun in einer Multimedia-Show umfassend und detailliert nacherleben. Er tritt mit Hilfe  einer den Besucher einbeziehenden medialen Gestaltung in die Welt des surrealistischen Genies ein und begegnet Dalí  geradezu „intim“.

 

 

Wir hatten Besuch und dieser musste natürlich zuerst einmal das Dalí-Museum besuchen. Wir kennen das Museum durch viele Besuche und so hatten wir kein Interesse an einer Wiederholung.  Das Geburtshaus und seine museale Gestaltung kannten wir noch nicht und so benutzten wir die Gelegenheit zum Eintritt. Während vor dem Dalí-Museum selbst im Oktober noch eine lange Schlange stand und Einlass begehrte, warteten im Empfangsraum des Geburtshauses nur wenige Leute vor uns. Die Besucher werden in kleinen Gruppen durch das Haus geleitet. Sie erhalten einen Audio-Guide, der sie durch die Räume führt und ausführliche Erklärungen gibt. Leider gibt es den Guide nicht in Deutsch, sondern nur in Spanisch, katalanisch, französisch und englisch. Die Erklärungen im Guide sind sehr instruktiv und selbst derjenige, der sich mit Dalí beschäftigt hat, wird manches über ihn erfahren, was er nicht wusste. Unter anderem werden viele enthüllende Selbstzeugnisse des Künstlers zitiert. Es ist aber nicht immer leicht, den wechselnen Bildern des Rundganges und den Erklärungen zu folgen. Deshalb zeichne ich hier Kindheit und Jugend Dalís nach, was als Vorbereitung des Besuchs hilfreich sein könnte.

 

Das Haus – ein „modernistischer Bau

 

Zunächst einmal lohnt beim Besuch die Betrachtung der Fassade des Hauses. Es wurde 1898 im „modernistischen“ Stil von dem figuerencer Stadt-Architekten Josep Azemar  als „Casa Puig“ errichtet. Das Erscheinungsbild zeigt – wie die Nachbarhäuser - ein großbürgerliches und der damaligen „Moderne“ aufgeschlossenes Milieu an, in das Dalí geboren wurde, ein Milieu, das im Audio-Guide uns später beschrieben und in Bildern illustriert wird.

 

Erdgeschoss – Ein strenger Vater und eine vergötterte Mutter

 

 

Wir treten ein und nachdem wir die „Aufnahmefomalitäten“ erfüllt haben, zeigt uns im „Entresuelo“ eine Hologramm-Projektion den Vater als jungen Notar bei der Arbeit. Der Erzähler im Audio-Guide bezeichnet ihn als „„starken, jähzornigen Charakter und extravertierte Persönlichkeit“. Mit diesem strengen und ordnungsliebenden Vater war der Sohn in Hassliebe verbunden. Die Mutter glich allerdings die Strenge des Vaters aus. Dali „vergötterte“ sie und ihr „Bild“ schien ihm einzigartig. Ihr unerwarteter Tod 1921 war für ihn ein schlimmer Schlag. Viele seiner ungewöhnlichen Beweggründe und Verhaltensweisen lassen sich auf das Verhältnis zu Vater und Mutter zurückführen.

 

 

Die Wohnräume der Familie – bürgerliches Ambiente

 

 

Wir steigen die Treppe hoch und treten im ersten Stockwerk in die Gemächer der Familie ein, Wohnräume, eine Galerie, Küche, Bad, Schlafzimmer, in dem der „dritte“ Salvador geboren wurde (der Vater, der früh verstorbenen Bruder und der Maler hießen so). Auch ein kleines Schulzimmer wird gezeigt. Die Ausstattung der Räume wurde – bis auf die Küche – rekonstruiert.

 

 

Dem nachgeborenen Salvador fiel es schwer, das Zimmer seiner Eltern zu betreten, wegen der Reproduktion eines dort hängenden, ihn offenbar erschreckenden Bildes des gekreuzigten Christus von Velázquez und eines Porträts seines verstorbenen Bruders. „Um mich von meinem  toten Bruder zu unterscheiden, musste ich alle Exzentritäten der Welt begehen“ zitiert der Erzähler im Audio-Guide Dalí.

 

Ein Wochenende der Feste: Eintauchen ins Mittelalter/Trobadour- Festival in Castelló d´Empúries - Ein Hauch von Kuba/Fest der Indians in Begur

Immer wieder zieht es uns auf das Troubadour-Fest - und mit uns viele Besucher, die manchmal von weit her angereist sind. Die alte Grafenstatdt - sowieso schon mittelalterlich anmutend - füllt sich in diesen Tagen mit mittelalterlichem Leben und Treiben.

 

Dabei ist die Berufung auf die Troubadoure etwas hergeholt. Es ist schon richtig: In Katalonien erfuhren im 12. und 13. Jahrhundert  Trovadors und Joglars (Spielleute) viel Förderung. Dies geschah vor allem am Hofe der Grafenkönige in Barcelona. Alfons II (1157-1196), König von Aragon, Graf von Barcelona und Markgraf der Provence, erhielt sogar den Beinamen "El Trovador". Darüber, ob dies auch am Hof der ampurdanesischen Grafen so war, ist wenig überliefert. Aber dass auch dort umherziehende Troubadoure auftraten und Spielleute zur Unterhaltung beitrugen, ist anzunehmen. Einer der letzten aus dem Haus der Grafen von Ampurias ist mit einer cobla (Strophe) zu Ehren  des Königs von Sizilien, Friedrichs III., hervorgetreten: der umtriebige, kultivierte und skandalumwitterte Ponç Hug IV. (1264-1313). Aber seinen "Musenhof" betrieb er wohl mehr im seinem Festungsschloss zu Bellcaire (heute Rathaus) als in Castelló.

 

Aber sei´s drum: im Museu d’Història Medieval de la Cúria-Presó beschäftigt man sich mit der Poesie der Troubadoure und bietet beim Troubadourfest Konferenzen über die Troubadourkunst an. Auch wenn die Kapitale der Grafen von Ampurias nicht ein Zentrum für  Treffen der Troubadoure war, wir genießen das Auftreten der Mittelaltermusikbands auf dem Festival. Sie erinnern uns mit ihrer Gewandung, ihren Instrumenten, Liedern  und Klängen an die Zeit der Troubadore und Joglars.

 

Es macht Spaß unter den als Hexen, Mönche, Beginen, Rittern oder Adelsdamen kostümierten Einwohnern und Gästen durch die Gassen der alten Stadt zu flanieren. Sie bilden eine passende Kulisse für das Treiben. Hier und da machen wir Halt, bei einer Straßentheateraufführung, bei Handwerkern, die ein altes Gewerbe vorführen, bei einer Installation für Kinder, in einer Taverne, wo wir uns ausruhen und mit leckerem Gebratenem stärken und dazu ein kühles Bier in extra für das Fest produzierten Bechern zu uns nehmen. Schließlich kommen wir zum Markt mit seinen bunten Ständen, an denen Kunstgewerbe und allerlei Essbares angeboten wird. Bezahlt wird mit nachgeprägten Münzen, der Grafenzeit, "Diners", in die wir Euros eingetauscht haben. An manchen Orten herrscht Gedränge, aber in einigen Seitengassen finden wir Ruhe und Zeit auch anderes zu entdecken als die dicht umstandenen Angebote des Festes.

 

Neben dem Straßentreiben kann man an Bewirtungen, Führungen, Werkstätten, literarischen und musikalischen Veranstaltungen teilnehmen - das Programm von Freitag- bis Sonntagabend ist reichhaltig und dicht - jeder mag sich aussuchen, was ihm zusagt. Was wir uns nicht anschauten, waren Soldatencamps, -kämpfe und Reiterturniere vor den Mauern. Eindrucksvoll war für uns am Freitagabend der gut organisierte "Weg des Infernos" durch dunkle, mit Feuern und Lichtern erhellte Gassen.

 

Unsere Bildergalerie (allem voran ein Grafenpaar als Gigantenfiguren) soll einen kleinen Einblick in das Geschehen des Festivals geben. Durch Anklicken kann man die Bilder vergrößern.

In eine ganz andere Welt führt uns die Fira d´Indians in Begur.

Im 19. Jahrhunderts wanderten viele Katalanen - von Armut bedroht - in die südamerikanischen Kolonien Spaniens aus. Manche kehrten, durch Handel reich geworden, zurück in ihre Heimat und brachten Lebensgewohnheiten, Utensilien, Pflanzen und den kolonialen Baustil "Westindiens" mit in die alte Heimat. Man nannte sie "Indians".

 

So auch im Küstenort Begur im Baix Empordà. Die Phylloxera, die Reblaus, und der Niedergang der Korallenfischerei durch billigere überseeische  Konkurrenz hatte vielen die Erwerbsgrundlagen entzogen. Ca. 500 Einwohner des Dorfes wanderten aus, meist nach Kuba. Eine ganze Reihe von ihnen kehrte wohlhabend im fortgeschrittenen Alter zurück. Teilweise setzten sie den Überseehandel fort. Sie veränderten durch ihre mitgebrachten Lebensgewohnheiten, ihren Einfluss und ihre neuerbauten Wohnsitze das Leben und die Gestalt  des bisher traditionell-katalanisch geprägten Landwirtschafts- und Fischerortes.

 

Am Sonntagmorgen kamen wir an und fanden unterhalb des auf einem Berg gelegenen Dorfes noch einen freien Parkplatz. Wir kannten Begur von früheren Besuchen - außerhalb der Haupt-Touristenzeiten - als einen beschaulichen, ruhigen Ort, fernab vom Massentourismus.  Aber als wir in den Ort eintraten - auf den Vorplatz der in traditioneller Bauweise errichteten  Kirche San Pedro und des gegenüberliegenden Rathausgebäudes im Kolonialstil  - , war der Platz schon voller Besucher. Viele waren in weißer Kleidung mit Sonnenhüten - im karibischen Retro-Look - erschienen. Die umliegenden Lokale waren besetzt und wir fanden nur nach einigem Warten und mit Hilfe eines freundlichen Kellner einen Platz zum Frühstücken.

 

Danach begannen wir unseren Rundgang durch den Ortskern. Gleich zog uns ein nahegelegener Platz an, von dem her südamerikanische Klänge zu uns herüber klangen. Eine Bühne war aufgebaut, auf dem eine Sängerin temperamentvoll agierte und die Zuhörer zum Mitmachen animierte. (Nach unserem Rundgang kehrten wir zurück und sahen,  dass aus der noch spärlichen Zahl eine riesige, dicht gedrängte  Menge enstanden war, die begeistert auf die Hauptakteurin mit den nun hinzu gekommenen Mitsängerinnen und ihre mitreissenden Rhythmen einging.)

 

Wir wandten uns von der Sängerin ab ab und traten den Spaziergang durch die mit Südamerika- und Reise-Atributen geschmückten Gassen und Plätze an. Doch gleich wurden wir durch eine weitere musikalische Darbietung aufgehalten. Eine im Kolonialstil gekleidete Frau spielt auf einem Klavier südamerikanische Melodien, Samba, Tango usw. Später greift sie zu Sardana-Stücken. Schnell finden sich Einheimische und Besucher zu dem an Festen obligatorischen Nationaltanz der Katalanen zusammen. Er wird mit gefassten Händen im Kreis mit Wechselschritten getanzt. Auch hier die Begur prägende Mischung zwischen karibischen und katalanischen Traditionen.

 

Bei unserem Gang begegnen wir immer wieder Gruppen und Paaren in weißem Retro-Look. Oft lassen sie sich vor den Ständen mit Südamerika-Produkten oder den Häusern der Indians fotographieren. Es wirkt dann so, als seien die damaligen Zeiten und Menschen wiedergekehrt. 

 

Es fiel uns auf, wie gepflegt die Häuser und Gebäude in Begur sind, im Gegensatz zu manchen anderen Dörfern in Katalonien. Hier wohnen offenbar keine armen Leute. Es gibt hübsche kleine Läden, die exquisite Kleidung anbieten, stilvoll eingerichtete Restaurants mit wenigen Plätzen (und gehobenen Preisen), auch ansprechende Hotels in schönen Häusern. Sie verlangen in diesen Tagen horrende Preise für die Übernachtung und auch sonst sind sie nicht billig.

 

Begur zeigt sich baulich als Mixtur von Dorfhäusern in alter katalanischer Bauweise, auch von Überbleibseln der Befestigung gegen die Überfälle maurischer Korsaren - Wehrtürmen aus dem 16./17. Jahrhundert, sowie dem über dem Dorf thronenden Castell - und den von den Westindien-Heimkehrern  errichteten prachtvollen Residenzen mit Portiken, Eingangshöfen und Gärten. Das sind Kontraste, die ein reizvolles und harmonisches Ortsbild abgeben, glücklicherweise im Ortskern nicht von überdimensionierten neuen Bettenburgen oder hässlichen Geschäftsbauten gestört, wie in anderen alten Küstenorten der Costa Brava.

 

Hinzu kommt, dass Begur sehr schön gelegen ist und es an verschiedenen "Miradors" malerische Ausblicke auf die hügelige, grüne Landschaft, auf schroffe Küstenabschnitte und das Meer gibt.

 

Uns interessieren vor allem die Häuser der Indians, in deren Höfe wir teilweise eintreten können. Auf Bildern sehen wir wie reich die Inneneinrichtung war und dass sie in vielen Fällen auch heute noch bewahrt wird. Auf einer Mauer-Exposition und Schildern an den Häusern erfahren wir manches über frühere Besitzer und ihr Leben.

 

In einem "Interpretationszentrum" wird in die Welt, die Kultur, das Erbe der "Indians" ganz Kataloniens eingeführt. Wegen des Andrangs an diesem Tag haben wir aber die Besichtigung auf einen weiteren Besuch Begurs verschoben.

 

Wir haben nicht alles, aber viel gesehen, erwandert und erlebt. Wir sind erschöpft und doch befriedigt. 

 

Auf dem Heimweg fahren wir auf enger, gewundener Strasse durch reizvolle Landschaft zur Küste hinunter, an Ferienresidenzen und bekannten kleinen Stränden um Begur vorbei, Richtung Platjas de Pals und Pals. Hier gelangen wir wir wieder auf unsere Herfahrtsstraßen.

 

Auch hier eine Bildergalerie, die einen Eindruck von unserem Besuch vermitteln soll. Wieder können die Bilder durch anklicken vergrößert werden.